Die messianische Bewegung in Israel

Die Urgemeinde des christlichen Glaubens wurde nach dem Tod und der Auferstehung Jesu durch die Ausgießung des Heiligen Geistes in Jerusalem geboren. Sie war eine ausschließlich jüdische Gemeinde, geleitet von jüdischen Aposteln, den Nachfolgern Jesu, die zur Überzeugung gelangt waren, dass Jeschua aus Nazareth der verheißene Messias sei.

In diesem Glauben schloss Petrus seine Predigt am Pfingsttag mit dem Aufruf an das ganze jüdische Volk: „Mit Gewissheit erkenne also das ganze Haus Israel: Gott hat ihn zum Herrn und Messias gemacht, diesen Jesus, den ihr gekreuzigt habt“ (Apg. 2, 36).

Kaum geboren, wurde die jüdische Urgemeinde von Gott herausgefordert: Jeschua ist nicht nur der Messias Israels, sondern auch der Erlöser der Nationen. Durch Gottes Geist wurde diese Erkenntnis zum Grundstein für die jüdisch-messianische Mission unter den Nichtjuden, deren Kopf der ehemalige Pharisäer Paulus wurde.

Als Heidenmissionar erlebte Paulus, wie gewaltig das Evangelium von Jesus unter den nichtjüdischen Völkern wirkte und wie viel Ablehnung und Verfolgung es seitens seiner jüdischen Landsleute hervorrief. Er sah die Gefahr der Überheblichkeit der Christen aus den Nationen gegenüber dem Bundesvolk Gottes und warnte sie im Römerbrief: „Nicht du trägst die Wurzel, sondern die Wurzel trägt dich!“ (Röm. 11, 18). Er stellte klar, dass die nichtjüdischen Gläubigen zum erwählten Volk Hinzugerufene sind, „eingepfropfte Zweige“ in den edlen Ölbaum des messianischen Israel, das einer Auferstehung entgegen gehe (Röm. 11, 12.15.25ff; Hes. 37).

Seither sind bald zwei Jahrtausende vergangen. Aus dem jüdischen Messias Jeschua wurde innert weniger Jahrhunderte der abendländischen Religionsstifter Jesus Christus, für die Gläubigen aus den Nationen einer der ihren und für die Juden ein fremder, gefährlicher Herr (wie einst Joseph in Ägypten für seine Brüder, die ihn nicht erkennen konnten). Für das christliche Abendland wurden die Juden zum Symbol eines unter dem Fluch stehenden, gottverlassenen Volkes. Für die Juden wurde das Kreuz zum Symbol ihrer Verachtung und Verfolgung.

Durch Gottes Wirken entstand die Rückkehr-Bewegung der Juden ins Heilige Land. Im Jahr 1948 wurde der Staat Israel neu gegründet und 1967 erhielt er seine alte Hauptstadt Jerusalem wieder. In dieser Zeit rief der Herr auch die heutige messianische Bewegung in Israel ins Leben und ließ sie (weitgehend verborgen) heranwachsen. Sie ist der Anfang der Wiedergeburt der Urgemeinde und das Sichtbarwerden des edlen Ölbaums, ohne den weder das Bundesvolk Israel noch die Gemeinde ihre echte messianische Endzeit-Identität erlangen kann.

Seit den neutestamentlichen Tagen gab es kein so grundlegendes, heilsgeschichtliches Eingreifen Gottes in die Weltgeschichte mehr. Von vielen nicht erkannt, ist es zur grossen Herausforderung, Infragestellung und Transformation für das jüdische Volk, für die Christenheit und für die Nationen geworden.

Alle zusammen, Israel, die messianische Bewegung, die Kirchen und die Nationen selbst gehen durch die Wehen des Messias, werden gesichtet und umgestaltet in das, was Gott mit ihnen vorhat, “jeder aber in der ihm bestimmten Ordnung“ (1. Kor. 15, 23).

Die messianische Bewegung in Israel ist menschlich gesehen nur ein schwacher Haufen von Gläubigen verschiedenster jüdischer Herkunft. Viele sind nicht nur arm im Geist, sondern auch arm in wirtschaftlicher Hinsicht und von notvollen Lebenserfahrungen geprägt. Ihre Unvollkommenheit ist offensichtlich, aber Gott wird sie zur Reife führen. Er hat auch in Israel nicht „viele Weise, nicht viele Mächtige und nicht viele Leute von vornehmer Geburt erwählt, sondern was vor der Welt töricht und schwach ist, das was nichts gilt…“(1. Kor. 1, 26-28).

Gerade so ist die messianische Bewegung der Schlüssel in Gottes Hand zur endzeitlichen Heilung und Wiederherstellung Israels und der Gemeinde Jesu. Sie ist der Wegbereiter des messianischen Reiches mit der Wiederkunft Jeschuas auf den „Thron seines Vaters David“ (Lukas 1, 32). Sie ist Salz im Volk Israel, Sauerteig unter den Gläubigen aus den Nationen und die Stimme der Braut des Messias. Der Gott Israels wird auf seine Weise seinen heilsgeschichtlichen Plan mit seiner Schöpfung vollenden und ihm allein wird die Ehre gehören.

Christoph Meister